Stellungnahme der DPG

von DPG

Stellungnahme der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) zum Arbeitsentwurf eines Psychotherapeutenausbildungsgesetzes des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)

Im Juli 2017 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) einen Arbeits­entwurf zur Reform des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) vorgelegt.

Im Koalitionsvertrag haben sich die Fraktionen darauf verständigt, die Reform der Ausbildung der Psychologischen Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in Form einer Direktausbildung zügig abzuschließen. Auch die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat am 22. Juni 2018 einstimmig beschlossen, die Bundesregierung bei ihren Plänen zu unterstützen, die Ausbildung strukturell an die der anderen Heilberufe anzupassen und zukünftig ein Approbationsstudium und eine anschließende Weiterbildung vorzusehen. 

Mit dieser geplanten Ausbildungs­reform ist ein grundlegender Systemwechsel verbunden. Deshalb sind für die Ausgestaltung differenzierte Überlegungen notwendig, um die hohe Qualitätsstruktur in der heutigen psychothera­peuti­schen Versorgung weiterhin zu gewährleisten.

Wir unterstützen als psychoanalytische Fachgesellschaft die von anderen Fachgesellschaften wie von der DGPT (www.dgpt.de) und der DPV (www.dpv-psa.de) verfassten Stellungnahmen zur notwendigen Überarbeitung des Arbeitsentwurfes und möchten auf einige Punkte ergänzend hinweisen.

1. Die Legaldefinition der Ausübung von Psychotherapie ist im Arbeitspapier sehr weit gefasst und gegenüber der jetzigen Definition unspezifisch. Insbesondere ist sie vom Bezugssystem der wissen­schaftlich anerkannten Ver­fahren losgelöst. Die in wissenschaftlichen Studien nachgewiesene und vali­dier­te angewandte Psychotherapie muss in der Legaldefinition zur Psycho­therapie als Referenzsystem basal erhal­ten bleiben. Dies gewährleistet den Qualitäts­standard der Psychotherapie und bietet auch dem Patienten Schutz, von einem in einem validierten Psychotherapieverfahren ausgebildeten Psychotherapeu­ten behandelt zu werden. 

Eine „offene“ Fassung der Legaldefinition hingegen würde zu einer Aus­weitung der heilkundlichen Befugnisse führen, die nicht der Heilkunde­erlaubnis unter­liegen. Die mit dem Studium zu erwerbenden Fähigkeiten in der Prävention und Rehabilitation, die Übernahme von Leitungsfunk­tionen und die Veranlas­sung von Behandlungsmaßnahmen durch Dritte sowie gutachterliche Tätigkei­ten sind nicht vom Heilkundevorbehalt erfasst. Eine Öffnung würde zu einer Neudefinition von Heilberufen führen und neue, weniger erprobte und wissen­schaftlich überprüfte Weichen in der Versorgung stellen. 

Die heutige Fassung der Legaldefinition mit Verfahrensbezug muss beibehalten werden. Begrüßt wird ihre Ergänzung durch eine erweiterte Berufsbezeich­nung, die Psychologische wie Ärztliche Psychotherapeuten umfasst.

2. Im vorliegenden Vorschlag wird der Anspruch eines eigenen Psycho­therapie­studiums aufgegeben. Für den Erwerb der Approbation werden neben dem Studium lediglich zwei zusätzliche staatliche Prüfungen gefordert.

Zu begrüßen ist, dass das Ausbildungsziel erhalten bleibt: Das Studium soll Kompetenzen vermitteln, die die Versorgung von Patienten und Patientinnen auf der Basis wissenschaftlich anerkannter psychotherapeu­tischer Verfahren sicherstellt. 

Dafür muss in der noch zu entwickelnden Approbationsordnung ge­währleistet werden, dass das Studium die verfahrensbezogene und me­thodische Vielfalt der Psychotherapie abbildet. 

Damit eine kompetente Vermittlung gesichert ist, sollte es Koope­ratio­nen mit den jetzigen staatlich anerkannten Aus- und Weiterbildungsinstituten geben, die quali­fizierte Ressour­cen zur Verfügung stellen können. Diese Institute gewähr­lei­sten in jahrelang erprobter und bewährter Weise, dass Kenntnisse in den wissenschaftlichen Verfahren von Dozen­ten vermittelt werden, die in die­sen Verfahren ausgebildet sind, darin auch praktisch arbeiten und von daher über eine mehrjährige Erfahrung in der verfahrensbasierten Arbeit mit Patienten verfügen. Darüber hinaus können sie eine in der Versorgungspraxis fundierte und qualifizierte Supervision und eine von Prüfungskon­trollen unabhängige Selbsterfahrung bereitstellen, die aus psychoanalytischer Sicht für die Ausbildung und Verankerung einer professionellen psychotherapeutischen Identität unverzichtbar ist. 

3. Die im Studium vorgesehenen Praxisanteile wurden im vorliegenden Arbeits­entwurf ohne Begründung drastisch reduziert.

Zur Sicherstellung der Qualität der praktischen Ausbildung ist über die Appro­bationsordnung hinaus zu gewährleisten, dass für die Vermittlung praktischer Kompetenzen ausreichende adäquate Lehrveranstaltungen von Lehrenden mit der erfor­der­lichen Qualifikation angeboten werden.

Es sollte nach dem Studium mindestens ein Praxissemester Pflicht sein, um den Erfordernissen einer guten Psychotherapieausbildung und einer verantwortli­chen Patientenversorgung gerecht zu werden.

Auch gewährleistet ein zusätzliches Praxissemester mehr Entscheidungs­sicher­heit für die in der Weiterbildung vertieft zu erlernenden Verfahren, und es schafft die Voraussetzungen, Möglichkeiten und Grenzen der im Studium er­worbenen heilkundlichen Kompetenzen unter realen Versor­gungs­bedingungen einschätzen zu können.

Auch hier können die staatlich anerkannten Aus- und Weiterbildungsinstitute in Kooperation mit den Hochschulen Aufgaben übernehmen und Fallarbeit, Arbeit in Klein­gruppen, Langzeit­behand­lungen und Selbstreflexion unabhängig von klinischer Abhängigkeit anbieten. 

Es sollte Wissenschaftliches und Prak­tisches kontinuierlich aufeinander bezo­gen werden.

Für die Sicherstellung einer für die Erteilung der Approbation hin­reichend praktischen Qualifizierung ist mindestens ein Praxissemester unbe­dingt erforderlich, damit verbunden aber auch eine Präzisierung der Tätigkeit. Sie sollte in Versorgungseinrichtungen mit psychotherapeu­tischen Anwendungs­bereichen (ambulant, stationär, komplementär) stattfinden.

Zur Umsetzung der wissenschaftlichen Qualifizierung mit Erteilung des Master­abschlusses, der 1. und 2. Psychotherapeutischen Staatsprüfung und des Praxissemesters muss die Mindeststudiendauer länger als 5 Jahre umfassen. 

4. Die im Arbeitsentwurf vorgeschlagene Steuerung der Studienzahlen durch Einschränkung der Kapazitäten im Masterstudium ist nicht ange­messen. Es soll­ten Zugangsvoraussetzungen für das Studium formuliert werden, die Kriteri­en für die fachliche und persönliche Eignung für die psychotherapeuti­sche Tätig­keit aller Altersstufen sicherstellt. Die Kapazitätensteuerung muss dem Studium vorgelagert und die persönliche Eig­nung in der Bewerberauswahl angemessen berücksichtigt werden. 

5. Noch offen sind die sozialrechtlichen Regelungen zur Sicherung der Weiterbildung in den wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren. 

Da die Weiterbildung nach dem Approbationsstudium für den Erwerb der Fach­kunde grundsätzlich erforderlich ist, müssen mit der Reform gleichzeitig ver­bind­liche sozialrechtliche, gesetzliche und finanzielle Grund­lagen und Regelun­gen getroffen werden.

Die bisherigen staatlich anerkannten Aus- und Weiterbildungsinstitute haben eine langjährige Erfahrung als verantwortliche Träger in der ärztlichen und psychologischen Aus- und Weiter­bil­dung und können sich mit ihren Ambulanzen und ihren Kompetenzen bei der inhaltlichen Ausgestaltung und Durchführung kooperativ einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sichern ein grundberufsübergreifendes gemeinsames Verständnis von seelischen Erkrankungen und garantieren psychisch erkrankten Patienten eine qualifiziert hochwertige Behandlung von gemeinsam weitergebildeten Psychotherapeuten mit gleichen Standards unabhängig vom Grundberuf.

6. Einem Modellstudiengang, der befähigen soll, psychopharmako­logi­sche Be­handlungen zu verschreiben und zu verantworten stehen wir ab­leh­nend gegen­über, da dies nur Gegenstand eines Studienganges der Me­di­zin sein kann, in dem die hierfür notwendigen somatischen Kenntnisse umfassend vermittelt werden. 

Abschließend möchten wir betonen, dass die sozialen und praxisbezogenen Kompetenzen, die zur qualifizierten Ausübung des Berufs des Psychologischen Psycho­therapeuten und für eine hochwertige und qualitativ gesicherte Patienten­versorgung not­wen­dig sind in dem im Arbeitsentwurf formulierten Rahmen nicht vermittelt werden können.

Juni 2018

Klaus Grabska                                                            Beate Blank-Knau
Vorsitzender der DPG                                                 Stellv. Vorsitzende der DPG

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