Language in the 'Talking Cure' – connecting and dividing

Das 8. British German Colloquium fand vom 18. - 20. Oktober 2019 zum Thema „Sprache in der Redekur“ in Potsdam statt und setzte damit den mittlerweile Tradition gewordenen Dialog zwischen PsychoanalytikerInnen der British Psycho­analytical Society (BPAS),  der British Psychoanalytical Association (BPA) sowie der Deutschen Psychoanalytischen Ver­einigung (DPV) und der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) fort.  Die Konferenzen finden alle zwei Jahre im Wechsel in Großbritannien oder in Deutschland statt.

Ich war gespannt und neugierig auf das Thema 'Die Sprache in der „Redekur“ - verbindend und trennend'.

Die Tagung begann am späten Freitagnachmittag mit einem herzlichen Empfang im übersichtlichen, geschützten Rahmen eines Seitenflügels des Mercure Hotels, in dem alle notwenigen Räume zu unserer Verfügung standen. Zur Eröffnung stellte Stefanie Sedlacek, DPG, nicht nur Organisation und Ablauf vor, sondern skizzierte auch kurz die Wechselfälle dieses geschichtsträchtigen Ortes und des in DDR Zeiten für die Potsdamer Bürger so bedeutsamen Hotels, in dem über Jahrzehnte die Jugendweihe gefeiert wurde. So gab sie den sichtbaren starken Kontrasten des Ortes Bedeutung und stellte so eine Verbindung zwischen der „Enklave Tagung“ mit der Sprache der Architektur und den umgebenden Baumaßnahmen in der äußeren Realität her.

In der 1st Plenary Session zeigte Herbert Will, DPG, in seinem einführenden Referat: Playing with words. How psycho­analysis uses language to connect subject, object and the unconscious (Mit Worten spielen. Wie die Psychoanalyse die Sprache nutzt, um Subjekt, Objekt und das Unbewusste zu verbinden) anschaulich, wie Worte, wenn man sich spieler­isch erforschend darauf einlassen kann, in einer Art Eigenleben unbewusste Vorstellungen, Ängste und Wünsche her­vorrufen und Träume auslösen können, die sich dann zu einem erkennenden Verstehen verbinden lassen und damit die Transformation und Figurabilität - die gestalthaft-lebendige Darstellung von bisher rohen Affekten - befördern. Aber er zeigte auch, dass Worte in diesem mehr intuitiven Erfassen von Zuständen, Gefühlen und sinnlichen Eindrücken der Sprache zwischen Primärprozess und Sekundärprozess (reverie) in der Interpretation zu Widerständen in der Gegen­übertragung führen können, die zwar zunächst trennend, dennoch nötige und wichtige andere Aspekte verdeutlichen können.

Im 2. Einführenden Referat: What is in a word?: Mothers and the mother tongue. (Was ist in einem Wort?: Mütter und die Muttersprache) machte Carlos Fishman, BPAS,  auf den Unterschied zwischen der Muttersprache und der Sprache der Mutter aufmerksam. Anhand eines bemerkenswerten Fallbeispiels, in dem das Kind in der Sprache des Landes auf­wuchs, die auch die Mutter mit ihm sprach, die aber nicht deren eigene Muttersprache war, untersuchte er die verwirren­den und trennenden Aspekte dieser Konstellation auf Lauthülle, Strukturbildung und Identität.

In der anschließenden lebhaften Diskussion, zunächst zwischen den Vortragenden und dann auch mit dem Publikum,  entspann sich bereits das weite Feld der möglichen weiteren Verknüpfungen von Sprache und Wort mit den Objekter­fahrungen, seelischer Struktur und Leiblichkeit: das Babel des Unbewussten wie Amati-Mehler et al. es nennen.  

Das folgende Dinner im 17th Stock des Mercure Hotels bot dann Gelegenheit, sich über die anfangs eher abweisend wirkende, hallenartige, karg protzige Architektur des ehemaligen Jugendweihe-Festsaals hinweg zu verbinden. Das gelang erstaunlich leicht trotz akustischer und sprachlicher Hindernisse dank des zuvor so angeregten Bedürfnisses nach weiterer Diskussion und sicher auch dank des interessanten regionalen Buffets, das nicht nur leibliche Bedürfnisse stillte, sondern auch kulturelle Fragen und Vergleiche aufwarf. 

Auf der 2nd Plenary Session am Samstagmorgen verdeutlichte Valérie Bouville, DPV, im ersten klinischen Referat: Hiding behind the mask of language (Verstecken hinter der Maske der Sprache) eindrücklich, wie die Verinnerlichung einer Sprache und ihrer symbolischen Komplexität die Bereitschaft des Ichs und die Befriedigung des Es braucht. Und wie sich dieses Verhältnis beispielsweise über die Verbindung mit einer sekundär selbst gewählten Sprache, zum Bei­spiel der Landessprache, darstellen kann, die emotionale Distanz bis Trennung von unerträglichen frühen Erfahrungen schaffen soll, die in der Muttersprache, hier dem Dialekt der Mutter, gebunden sind.  

Joscelyn Richards, BPA, griff in ihrem Diskussionspapier besonders den Aspekt der Lüge oder besser der Täuschung und die damit verbundenen Schwierigkeiten des Umgangs in der Behandlung auf, die auf beiden Seiten auftauchen können und dem Widerstand gegen diese frühen Ängste entspringen.

Die Diskussion wurde nach einer Pause in gut gemischten Kleingruppen intensiviert.

In der 3rd Plenary Session am Samstagnachmittag musste Susan Godsil, BPAS, leider aus persönlichen Gründen ihr Kommen und ihren Vortrag 'I don't have the words' kurzfristig absagen. Stattdessen stellten Anouschka Büttner, BPA, sowie Katalin Lanczi, BPAS, und Antje Netzer-Stein, BPAS, mit spannenden klinischen Vignetten ihre Arbeit zum Thema vor. Samuel Kenntner, DPG, diskutierte jede Einzelne sorgfältig. Alle beeindruckten nicht nur mit ihren in kürzester Zeit erstellten knappen, dichten und gehaltvollen Beiträgen, sondern auch mit der jeweils in ihrer Person verkörperten Vielfalt an Verbindungen von britischem, deutschem und ungarischem Hintergrund.  

Die folgende Diskussion wurde in Kleingruppen fortgeführt. Dank des sehr wertschätzenden, offenen und auch persön­lichen Austausches und gemeinsamen Nachdenkens konnten wir die Anregungen der Beiträge vertieft erkunden und zu verstehen suchen, aber auch das uns Unterscheidende und in der Bedeutung nicht/noch nicht Fassbare miteinander auch durchaus humorvoll aushalten. Das war besonders befriedigend.

Die 4th Plenary Session gab uns Raum für eine abschließende Diskussion, in der wir, mit einem Blick auf die die Tagung begleiten­de politische Situation (weitere Abstimmungen zum Brexit), die unterschiedliche Nutzung und Wirkung von Sprache in der Gesellschaft/Großgruppe in Augenschein nahmen und die Notwendigkeit eines besseren Verständnisses der Zusammenhänge erkannten, um den zunehmend destruktiven Prozessen etwas entgegensetzen zu können.

Die Tagung endete mit sehr herzlichem Dank für die anregenden Beiträge, die gelungene Gestaltung und die fürsorg­liche Durchführung und Organisation der Tagung, deren überschaubare Größe sicher auch der bereichernden Intensität und Qualität zuträglich war. 

Das Dinner im beeindruckenden königlichen Kutschstall Potsdams, in dessen Historie wir auch hier eingeführt wurden, war nicht nur gut, sondern auch sehr vergnüglich, trotz der Herausforderungen an die Verständigung durch die hallende Akustik, die durch kein Stroh am Boden mehr gedämpft wurde. Und so entstanden über das Trennende hinweg noch manch andere und unerwartete Verbindungen.

Am Sonntagmorgen wurde das Programm durch Sightseeing / Guided Tours abgerundet.

Es war mir eine Freude, dabei zu sein und ich hoffe, beim nächsten Mal wieder teilnehmen zu können.

Ellen Zamory, DPG Hamburg