Ausbildungsforschung

Mit der Fokussierung der Bildungslandschaft auf qualitative, gleichzeitig nachvollziehbare und verifizierbare Weiterbildungsangebote und deren Evaluation hat die Frage an Aktualität gewonnen, ob und wie die Professionalisierung in einem empfindlichen, komplexen Bereich wie der Ausbildung zum Psychotherapeuten zukunftsorientiert, fachlich hilfreich und kompetenzerweiternd gestaltet werden kann.

Seit der Verabschiedung des PsychThG gibt es eine Tendenz zur Verrechtlichung und gleichzeitigen Aushöhlung der inhaltlichen Ausbildungsrichtungen: es geht darum, eine Stundenanzahl „vorweisen“ zu können, weniger die inhaltliche und persönliche Kompetenzentwicklung oder -erweiterung durch  Ausbildung.

Die psychoanalytische Ausbildung in Instituten zeichnet sich dadurch aus, dass neben der eigentlichen Ausbildung eine ausführliche Beschäftigung mit den eigenen biografischen Wurzeln und deren Zusammenhang zum Berufswunsch des Kandidaten als notwendig erachtet wird, damit die emotionalen Aspekte dieser Professionalisierung sowohl in individueller als auch in institutioneller Weise mitberücksichtigt werden. Die ausführliche Beschäftigung mit den motivationalen Hintergründen stellt dann auch die Frage, wie es den analytischen Ausbildungsinstituten gelingen kann, weiterhin interessierte und motivierte analytische Ausbildungskandidaten zu gewinnen, um diesen Bereich der Therapieverfahren nicht dauerhaft an die Verhaltenstherapie zu verlieren.

Psychoanalytische Kompetenz zu entwickeln ist in der Ausbildung an unseren DPG-Instituten das Kernziel. Die Frage, was denn psychoanalytische Kompetenz ist und wie sie vermittelt werden kann, steht im Zentrum unserer Überlegungen.

Wesentliche Ingredienzen der psychoanalytischen Ausbildung sind der Besuch der Theorie-Seminare, die begleitende Lehranalyse und die Supervision der Ausbildungsbehandlungen.

Bei allen drei „Säulen“ liegt für Ausbildungskandidat und Institut das Hauptaugenmerk darauf, wie und wodurch sich die psychoanalytische Kompetenz während der psychoanalytischen Ausbildung entwickelt, welche Unterstützung Kandidaten hierzu brauchen, was Ausbildungsinstitute vorhalten sollten und wie der Zusammenhang zwischen persönlicher Entwicklung und  professioneller, fachlicher Entwicklung konzeptualisiert werden kann.

Die Vermutung liegt nahe, dass die wissenschaftliche Beforschung der Ausbildung und der Ausbildungsbeziehungen in psychoanalytischen Instituten professionelle, aber auch emotionale und teilweise nicht einfach benenn- und fassbare Komplikationen aller an der Forschung Beteiligten aufwirft.

Dabei geht es in der Ausbildungsforschung an unseren DPG-Instituten um die vielfältigen Ebenen der professionellen Beziehung zwischen Ausbildungskandidat und den Vertretern des Instituts, in dem der Kandidat seine Ausbildung absolviert. Wir halten es für wichtig, die Ausbildung selbst zum Gegenstand des Nachdenkens und der Forschung im qualitativen und quantitativen Sinn zu machen und auch so der modernen aufklärerischen Erkenntnis Rechnung zu tragen, dass alles, was wir anbieten und entwickeln auch hinterfragbar bleiben muss.

Drei Forschungsprojekte werden derzeit in der DPG gefördert, sowohl in fachlicher als auch materieller Hinsicht:

Ferchland-Malzahn, Pohlmann: Das Erleben von Lehranalysen, im Besonderen das Erleben von Regression. Die Autoren haben mit 20 DPG-Kollegen Interviews geführt. Das Projekt befindet sich in Auswertung.

E.ferchland{at}malzahn; wpohlmann{at}aol.com

Grünewald-Zemsch: „Thinking under fire“ - Der Beitrag emotionaler und unbewusster kommu­nika­tiver Prozesse in der Supervisionsdyade (-Beziehung) innerhalb der psychoanalytischen Ausbil­dung. Link: www.thinkingunderfire.de

Nagell, Fissabre, Steinmetzer et.al.: Untersuchung des Beziehungserlebens in der Supervision und dessen Einfluss auf die psychoanalytische Identitätsfindung des Ausbildungskandidaten.

Die Studie untersucht die interaktionelle Beziehungsdynamik zwischen Supervisand und Supervisor als Voraussetzung von »emotionalem Lernen« (Bion 1962).  Mit Hilfe eines eigenen, an den  ZBKT-Schrit­ten angelehnten und komplementär entworfenen Fragebogens wurden insgesamt 205 Teil­nehmer – darunter 78 Supervisionspaare - befragt. Dabei wurden Passungen und Diskrepanzen zwischen Supervisoren und Supervisanden in den untersuchten Subgruppen deutlich. Es ließen sich verschie­dene Wunschstile der Supervisanden, unterschiedliche Supervisionsstile des Supervisors und in der Folge verschiedene Reaktionsstile von Supervisanden auf die Interventionen des Supervisors vonein­ander abgrenzen. Vor allem jene Supervisionserfahrungen, die neben der Vermittlung von Wissen und analytischen Fertigkeiten auch Beziehungskompetenzen sowie das Erleben und die Erfahrungen in supervisorischen Beziehung im Sinne eines »Parallelprozesses«  in ihr Arbeitsmodell integrieren, führen zu besonders hohen Werten an Identitätsentwicklung (des Supervisanden) und Zufriedenheit (beider Beteiligten).

Download der Arbeit von Nagell, Fissabre, Steinmetzer et.al. zur "Untersuchung des Beziehungserlebens in der Supervision und dessen Einfluss auf die psychoanalytische Identitätsfindung des Ausbildungskandidaten"